Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2010/06 Wirbel um die Beikost

Wann soll ein Baby ergänzend zur Muttermilch feste Kost erhalten? Diese Frage kann zu heissen Diskussionen führen. Doch auch wenn es anders scheint: Empfehlungen basieren keineswegs immer auf eindeutigen wissenschaftlichen Belegen.

Die nach wie vor gültige offizielle Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation zum Stillen lautet: sechs Monate ausschliessliches Stillen, und daran anschliessend, mit geeigneter Beikost, bis zum Alter von zwei Jahren und darüber hinaus, weiter stillen. Und allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz gilt diese Empfehlung weltweit, unabhängig vom Geburtsort oder den finanziellen oder gesundheitlichen Rahmenbedingungen.

Am 5. Juli 2010 war es wieder mal soweit: Unter dem Titel „Studie: Stillkinder brauchen rechtzeitig eisenreiche Beikost“ (1) wurde über eine vom Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) in Dortmund durchgeführte Studie (2) berichtet, die das Schreckgespenst schwerwiegender gesundheitlicher Probleme durch Eisenmangel bei gestillten Kindern an die Wand malte, wenn diese nicht „rechtzeitig“ – aus der Sicht der Autoren möglichst mit vier Monaten – eisenreiche, vorzugsweise fleischhaltige Beikost erhielten. Blitzschnell verbreitete sich diese Meldung in den Medien und sorgte für so manche Verunsicherung.

Doch bei genauerer Betrachtung der Studie fallen Ungereimtheiten auf. So wurde zum Beispiel keines der beobachteten Kinder länger als vier Monate ausschliesslich gestillt. Wie will man erkennen, dass ausschliessliches Stillen für mehr als vier Monate zu Problemen mit der Eisenversorgung führen kann, wenn doch einerseits alle untersuchten Kinder ab vier Monaten zugefüttert wurden und andererseits die Autoren selbst schreiben: „Indes wurde im Alter von vier Monaten bei keinem der gestillten Säuglinge eine Eisenmangelanämie beobachtet und ihr Eisenstatus war nicht schlechter als der der Säuglinge, die eisenangereicherte künstliche Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis erhielten, obwohl diese etwa zehn Mal so viel Eisen enthielt wie Muttermilch“?

Die Autoren weisen darauf hin, dass in einem Dokument der WHO (3) angegeben wird, dass bei einigen dafür empfänglichen Kindern das ausschliessliche Stillen für mehr als vier Monate zu einem Eisenmangel führen kann. Allerdings erwähnen sie nicht, dass diese Beobachtung bei Kindern von Müttern gemacht wurde, deren Eisenwerte in der Schwangerschaft zumindest grenzwertig waren. Eisenmangel in der Schwangerschaft beeinträchtigt nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mütter, sondern kann auch die Entwicklung des Kindes gefährden. Außerdem führt er dazu, dass die Eisenspeicher des Kindes bei der Geburt weniger gut gefüllt sind. Statt das ausschliessliche Stillen auf vier Monate zu begrenzen, dürfte es da wohl sinnvoller sein, Eisenmangel bei Schwangeren vorzubeugen bzw. zu behandeln.

Definitiv aufhorchen lässt auch die in der Pressemitteilung ausgesprochene Empfehlung „... dabei sollten Eltern auch darauf achten, zu möglichst fleischreichen Gläschen zu greifen“ und die Nennung der Sponsoren der Studie: die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) und die Firmen Hipp und Nestlé.

Denise Both

(1) http://www.presseportal.de/meldung/01642671/ 05.07.2010
(2) Dube K, Schwartz J, Mueller M J, Kalhoff H, Kersting M: Iron intake and iron status in breastfed infants during the first year of life. Clinical Nutrition (2010), doi:10.1016/j.clnu.2010.05.002.
(3) The optimal duration of exclusive breastfeeding – Report of the expert consultation on the optimal duration exclusive breastfeeding. WHO; 2001.