Auch in der Stillzeit gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Empfängnisverhütung. Was letztlich die „richtige” Methode ist, kann nur das jeweilige Paar entscheiden.
Für die meisten Paare stellt sich nach der Geburt eines Kindes (erneut) die Frage nach der passenden Empfängnisverhütungsmethode. Für die weitere Familienplanung stehen verschiedene natürliche, mechanische, chemische, hormonelle und chirurgische Empfängnisverhütungsmethoden oder Kombinationen einzelner Methoden zur Wahl. Die Entscheidung für oder gegen eine Methode hängt von vielen individuellen Faktoren ab, und es lässt sich nicht pauschal zu einer bestimmten Methode als optimale Form der Empfängnisverhütung raten – weder in der Stillzeit noch nach dem Abstillen.
Natürliche Methoden
Bei den natürlichen Methoden der Empfängnisverhütung werden die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im Zyklus der Frau bestimmt. Natürliche Empfängnisverhütung greift nicht in die Abläufe des Körpers ein, verlangt aber ein gewisses Mass an Konsequenz und Disziplin und die Zusammenarbeit der Partner.
Stillen als empfängnisverhütende Massnahme, die so genannte Laktations-Amenorrhoe-Methode (LAM) funktioniert dann, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
1. Die Monatsblutung hat noch nicht wieder eingesetzt (keine vaginalen Blutungen nach dem 56. Tag nach der Geburt).
2. Es wird weder regelmässig zugefüttert, noch wird ein längerer Zeitabstand als vier Stunden während des Tages und sechs Stunden während der Nacht zwischen zwei Stillmahlzeiten eingehalten (jeweils vom Beginn der letzten Mahlzeit bis zum Beginn der darauf folgenden Mahlzeit gerechnet).
3. Das Baby ist jünger als sechs Monate.
Dass LAM einen 98-prozentigen Schutz vor einer Schwangerschaft während der ersten sechs Monate nach der Geburt bietet, wurde ausgiebig getestet und die Wirksamkeit dieser Methode hat sich weltweit bestätigt. Sobald aber nur einer der oben genannten Punkte nicht erfüllt ist, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine neue Schwangerschaft.
Stillen bietet bis zu 98 Prozent Schutz
Die Kalendermethode nach Knaus-Ogino, bei der nach einem bestimmten Schema die unfruchtbaren Tage der Frau ausgezählt werden, ist relativ unsicher und für die Stillzeit nicht geeignet, da eine erneute Berechnung der unfruchtbaren Tage erst nach Ablauf einiger Zyklen möglich ist. Auch die reine Anwendung der Temperaturmethode, bei der täglich vor dem Aufstehen, möglichst zum gleichen Zeitpunkt und nach der gleichen Methode, die Körpertemperatur gemessen und in eine Kurve eingetragen wird, ist für eine stillende Frau nicht unbedingt empfehlenswert. Die doch oft unregelmässigen Nächte einer stillenden Mutter können die Temperaturkurven deutlich beeinflussen und so das Erkennen des Eisprungs unmöglich machen. Von der ausschliesslichen Beobachtung der Struktur des Zervixschleimes und des Muttermundes (Billings-Methode) als Möglichkeit für die Familienplanung ist in der Stillzeit ebenfalls abzuraten. Beides sollte bereits vor der Schwangerschaft praktiziert worden sein, so dass die Frau wirklich darin geübt ist und weiss, wie sie die Zeichen ihres Körpers deuten muss. Als sicherste Methode der Natürlichen Empfängnisverhütung hat sich die Kombination von Temperatur- und Billingsmethode, die unter der Bezeichnung Sympto-thermale Methode bekannt ist, bewährt. Die Sympto-thermale Methode erreicht bei korrekter Durchführung eine Sicherheit, die an die der Antibabypille heranreichen kann. Der Gebrauch von Verhütungscomputern, deren Wirkungsweise auf einer Hormonmessung aus dem Urin der Frau besteht, ist für die Stillzeit nicht geeignet.
Mechanische Methoden
Alle Barrieremethoden (Kondom, Diaphragma, Portiokappe, Lea-Contraceptivum, Verhütungs-schwamm) sind in der Stillzeit möglich. Ein Diaphragma sollte nach einer Geburt aber unbedingt in Hinblick auf die Grösse überprüft werden.
Kondome bieten nicht nur einen Empfängnisschutz, sondern auch Schutz vor Infektionen und sind das einzige derzeit verfügbare Verhütungsmittel für den Mann (abgesehen von der Sterilisation).
Chemische Methoden
Spermizide wie Scheidenzäpfchen, Gels, Schaum, Vaginaltabletten und Ovula enthalten Substanzen, welche die Spermien abtöten oder bewegungsunfähig machen. Einige Präparate bilden zusätzlich eine Barriere gegen die Spermien, so dass diese nicht durch den Muttermund dringen sollen. Beim Gebrauch von Spermiziden gehen extrem geringe Mengen der Wirkstoffe in den Blutkreislauf der Mutter und in die Milch über. Es gibt keine Belege, dass sich daraus Probleme für das Baby ergeben. Der Gebrauch von Spermiziden wird als mit dem Stillen vereinbar angesehen. Zudem wirken Spermizide als zusätzliches Gleitmittel,
wenn die Frau aufgrund der durch das Stillen niedrigen Östrogenwerte unter Scheidentrockenheit leidet. Die Kombination von Spermiziden mit Kondomen ist nicht immer möglich, da manche Präparate das Gummi angreifen und so das Kondom schädigen können.
Hormonelle Methoden
Antibabypillen müssen in der Stillzeit so ausgewählt sein, dass die Hormonmenge mit dem Stillen verträglich ist. Reine Gestagenmonopräparate oder niedrig dosierte Kombinationspräparate sind in der Stillzeit erlaubt. Etwa sechs bis acht Wochen nach der Entbindung kann, falls erwünscht, mit der Einnahme hormonaler Kontrazeptiva begonnen werden. Das gilt auch für die Dreimonatsspritze. Zur Verwendung von Hormonimplantaten gibt es bislang für die Stillzeit noch keine einheitlichen Aussagen.
Auch hormonelle Verhütungsmethoden sind möglich
Als Notfalllösung, wenn ein Kondom verrutscht oder gerissen ist oder ungeschützter Verkehr an potentiell fruchtbaren Tagen stattgefunden hat, kann eine Schwangerschaft durch den Einsatz der „Pille danach“ durch eine hochdosierte Hormongabe verhindert werden. Die „Pille danach“ ist mit dem Stillen vereinbar.
Spirale
Die genaue Wirkungsweise der Spirale (Intrauterinpessar) ist noch nicht letzt-endlich geklärt. Bereits reine Kunststoffspiralen hemmen durch blosse Anwesenheit die Einnistung der Eizelle. Die von der Kupferspirale abgegebenen Kupferionen wirken zusätzlich empfängnisverhütend. Hormonspiralen geben Levongestrel in die Gebärmutterhöhle ab, wodurch sich der Schleimpfropf im Gebärmutterhals verdickt und der Aufbau der Gebärmutt-erschleimhaut stark verringert wird. So können die Spermien nicht in die Gebärmutter eindringen und eine wider Erwarten befruchtete Eizelle kann sich nicht einnisten. Der Einsatz der Spirale (mit oder ohne Hormonanteil) ist in der Stillzeit möglich.
Chirurgische Methoden
Sind sich beide Partner absolut sicher, dass die Familienplanung abgeschlossen ist, kann eine Sterilisation einer der beiden Partner eine Möglichkeit sein. Die Sterilisation der Frau beeinflusst das Stillen nicht direkt. Eine Eileiterunterbindung der Mutter kann jedoch, wie jeder chirurgische Eingriff, das Stillen indirekt beeinflussen, insbesondere, wenn sie unmittelbar im Anschluss an die Geburt durchgeführt wird.
Denise Both