Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2006/06 Stillen gegen Schmerz und Stress

Das deutsche Wort „Stillen“ drückt bereits aus, dass diese Form der Ernährung und Zuwendung Ruhe bringt. Doch Stillen beruhigt nicht nur, es wirkt auch schmerzlindernd und hilft gegen Stress.

Saugen beruhigt, und auch süsse Flüssigkeiten können beruhigend wirken. Das ist nichts Neues, und nicht nur Mütter wissen schon lange, wie sie ihr Kind an der Brust nicht nur ernähren, sondern auch trösten und beruhigen können. Dieses Wissen der Mütter wurde nun durch eine in Kanada durchgeführte Auswertung verschiedener Studien belegt (1).

Die Wissenschaftler betrachteten die Daten von elf Studien, an denen insgesamt 1000 Säuglinge beteiligt waren, und kamen zu dem Schluss, dass Stillen während einer Blutabnahme beim Baby eine effektive Massnahme zur Schmerzlinderung ist. Wurden die Kinder während des Blutabnehmens gestillt, zeigten sie deutlich weniger Anzeichen für Schmerz, die Gabe von reinem Wasser hingegen zeigte eine deutlich geringere Wirkung. Ebenso wirkungsvoll wie Muttermilch zur Schmerzlinderung war allerdings die Verabreichung einer hochkonzentrierten Zuckerlösung. Dennoch wird Zuckerlösung zu diesem Zweck nicht empfohlen.

Der Wirkungsmechanismus, der diesem schmerzlindernden Effekt zugrunde liegt, ist bislang noch nicht genau zu erklären. Die Tatsache, dass auch eine Zuckerlösung schmerzlindernd wirkt, lässt den Schluss zu, dass unter anderem der leicht süsse Geschmack der Muttermilch eine Rolle spielt. Doch die Anwesenheit der Mutter und der direkte Hautkontakt beim Stillen dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls von Bedeutung sein. Auch wenn eine ausreichende Erklärung noch aussteht, empfiehlt Studienleiter Prakeshkumar Shah vom Mount Sinai Hospital der Universität Toronto, dass das Stillen gezielt als schmerzlindernde Massnahme bei schmerzhaften Untersuchungen eingesetzt werden sollte.

Stillen gegen die Angst
In diesen Zusammenhang passen auch die Ergebnisse einer Studie des Karolinska Institutet in Stockholm (2). Dort wurden knapp 9000 Studienteilnehmer des Jahrgangs 1970 in Hinblick auf die Bewältigung einer Trennung ihrer Eltern untersucht. Dabei kam zu Tage, dass gestillte Kinder die problematische Situation des Zerbrechens der Familie besser verkraften konnten als die nicht gestillten Kinder. Die vorsichtige Annahme der Forscher lautet, dass gestillte Kinder nach einer Trennung der Eltern um etwa zehn Prozent weniger gestresst sind als Kinder, die nicht gestillt wurden.

Im Rahmen dieser langfristig angelegten Studie wurden die Mütter der Kinder bei und beide Elternteile fünf und zehn Jahre nach der Geburt interviewt. Gefragt wurde unter anderem, ob gestillt wurde, ob sich die Eltern getrennt hatten und wie ängstlich die Kinder waren. Dabei kam es zu der Feststellung, dass Kinder, die gestillt wurden – selbst wenn die Stilldauer nur wenige Wochen betragen hatte – „signifikant weniger ängstlich“ waren als nicht gestillte Kinder. Dieser Effekt war selbst dann noch feststellbar, wenn weitere Faktoren, die mit einem höheren Stressniveau verbunden sind (zum Beispiel junge oder depressive Mutter, niedrigerer sozioökonomischer Status) hinzukamen. Auch wenn diese Studie keinen direkten Beweis liefert, so ist sie doch ein Hinweise dafür, dass das Stillen einen positiven Effekt auf die Stressverarbeitung hat.

Denise Both

1. Shah PS, Aliwalas LL, Shah V. Breastfeeding or breast milk for procedural pain in neonates. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 3.
2. Scott M. Montgomery, et al Breast feeding and resilience against psychosocial stress, Arc Dis Child 2006; 000:1-5.