Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2007/01 Nächtliches Aufwachen ist Hinweis für gute Eltern-Kind-Bindung 

Eltern von Babys und Kleinkindern empfinden die nächtlichen Schlafunterbrechungen oft als anstrengend und hoffen darauf, dass ihr Kind möglichst bald durchschläft. Eine neue Studie stellt das nächtliche Aufwachen und die Begleitung in den Schlaf in ein ganz anderes Licht.

 

Neben der Frage nach den Massen und dem Alter des Kindes, dürften junge Eltern am häufigsten nach dem Schlafverhalten ihres Sprösslings gefragt werden. Der Satz „Und, schläft es auch brav?“ gehört zu fast jedem Gespräch über Babys und Kleinkinder und zeigt damit, welche ungeheure Bedeutung dem möglichst ungestörten Schlaf der Eltern beigemessen wird. Auch ein Blick in die Regale der Buchläden zeigt, wie sehr das Thema Einschlafen und Durchschlafen Autoren und Eltern beschäftigt. Dabei befassen sich fast alle dieser Titel damit, wie ein Baby oder Kleinkind möglichst früh und schnell an das selbstständige Einund Durchschlafen gewöhnt werden kann – oder wie einem Kind, das nicht den Vorstellungen der Eltern beziehungsweise unserer Gesellschaft entsprechend schläft, das gewünschte Schlafverhal-
ten antrainiert werden kann. Nur wenige Autoren verstehen sich in ihren Büchern als Anwälte der Kinder und erklären, warum und auf welche Weise Kinder anders schlafen als Erwachsene und setzen sich für ein Verständnis für die Bedürfnisse unserer Kleinen ein.

Einschlafen bedeutet Trennung
Eine Untersuchung am Institut für Medizinische Psychologie in Giessen* hat sich nun mit dem Zusammenhang zwischen der Bindungsqualität von Kleinkindern und ihrem Schlafverhalten beschäftigt. Dabei gehen die Forscher davon aus, dass die Einschlafsituation mit einer Trennungssituation zu vergleichen ist, und das Aufwachen eine Situation darstellt, die der Wiedervereinigung nach einer Trennung entspricht. Sie verglichen das Schlafverhalten von sicher gebundenen und unsicher gebundenen Kindern. Sicher gebundene Kinder zeigen ihre Emotionen, auch die negativen Gefühle, die mit einer Trennung verbunden sind. Sie sind aber zuversichtlich, dass die Mutter wiederkommt und geben bei der Rückkehr der Mutter ihre Freude zu erkennen, dass die Mutter wieder da ist.

Unsicher gebundene Kinder hingegen reagieren äusserlich unbeeindruckt auf eine Trennung und auf die Rückkehr der Mutter. Ihr Verhaltensmuster ist darauf ausgelegt, keine negativen Emotionen zu äussern und das Bindungsverhalten zu unterdrücken, was nicht zuletzt darauf zurückgeführt werden könnte, dass die Mütter dieser Kinder dazu neigen, sich zurückweisender zu verhalten als die Mütter sicher gebundener Kinder.

Aufwachen als Bedürfnis
Bei den im Rahmen der Untersuchung beobachteten Kindern stellte sich heraus, dass sicher gebundene Kinder seltener alleine einschlafen und nachts häufiger aufwachen als unsicher gebundene Kinder. Nächtliches Aufwachen und das Bedürfnis eines Kleinkindes von den Eltern liebevoll in den Schlaf begleitet zu werden, ist demzufolge nicht etwa eine schlechte Angewohnheit oder ein Verhalten, das es abzutrainieren gilt, sondern es ist ein Hinweis auf eine sichere Eltern-Kind-Bindung.
Allerdings darf diese Studie keinesfalls dazu verleiten, den Umkehrschluss zu ziehen, dass ein Kind, das bereits früh lange Schlafphasen hat oder alleine einschläft, keine sichere Bindung zu den Eltern hat.

Denise Both

Nicola Nolte, Wilfried Pott, Ursula Pauli-Pott: Schlafstörungen und Bindungsqualität im Kleinkindalter (Sleeping Problems and Attachment Quality in Toddlers). Psychother Psych Med 2006; 56: 154-161.