Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2007/03 Erziehungsstil beeinflusst (Über-)Gewicht

Etwa 20 Prozent aller Kinder in Deutschland leiden an Übergewicht. Viele dieser übergewichtigen Kinder werden zu übergewichtigen Erwachsenen, mit allen gesundheitlichen Konsequenzen. Bei der Suche nach den Ursachen für kindliches Übergewicht zeigt eine Studie aus den USA einen interessanten Zusammenhang mit dem Erziehungsstil auf.

 

Eine von Wissenschaftlern der Boston University School of Medicine über mehrere Jahre mit 872 Kindern durchgeführte Studie ergab, dass Gewichtsprobleme bei Kindern nicht nur – wie immer wieder betont wird – mit dem Essverhalten und damit dem Vorbild der Eltern zusammenhängen, sondern dass auch der Erziehungsstil einen wesentlichen Einfluss auf das Gewicht des Kindes hat.

Grosse Gewichtsunterschiede
Im Rahmen der Untersuchung wurden vier verschiedene Erziehungsstile beobachtet: autoritär, autoritativ, permissiv und nachlässig. Autoritär erzogene Kinder erleben ihre Eltern als streng, ihre eigene Meinung ist nicht gefragt und wird auch kaum bis gar nicht berücksichtigt. Autoritativ erziehende Eltern setzen eindeutige Grenzen und stellen Regeln auf, doch die Meinungen und Vorstellungen der Kinder finden bei der Erstellung dieser Regeln und Grenzen Berücksichtigung. Eine permissive Erziehung wird landläufig gerne als lasche Erziehung bezeichnet, doch im Gegensatz zur nachlässigen Erziehung (ohne Disziplin) besteht eine stärkere emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern.

Die Auswertung der Gewichtsdaten der untersuchten Kinder ergab, dass Kinder von autoritär erziehenden Eltern fünf Mal häufiger übergewichtig waren als Kinder, die autoritativ erzogen wurden. Ein permissiver oder nachlässiger Erziehungsstil führte im Vergleich zum autoritativen Stil zu einer Verdopplung des Übergewichtsrisikos.

Kompetente Kinder
Eine mögliche Erklärung dafür, dass eine besonders strenge und die kindlichen Empfindungen wenig schätzende Erziehung zu vermehrt auftretendem Übergewicht zu führen scheint, könnte genau darin liegen, dass Eltern, die dieser Erziehungsmethode folgen, ihren Kindern in vielen Bereichen, und damit auch beim Essen, wenig bis gar keine Entscheidungsfreiheit lassen. Die Eltern entscheiden, was, wann und wie viel das Kind isst – ohne Rücksicht auf sein Hungeroder Sättigungsgefühl. Auf lange Sicht hin verliert das Kind so die Fähigkeit, Hunger und Sattsein wirklich zu spüren. Das kann den Grundstein für eine langfristige Essstörung und auch für Übergewicht legen.

Stillen nach Bedarf, wie es von Stillexperten seit langer Zeit empfohlen wird, passt genau zu diesem Thema. Wird dem Kind die Kompetenz zugestanden, selbst zu wissen, wann es Hunger und Durst hat und welche Menge es braucht, statt es von Anfang an an ein festes Zeitschema mit abgemessenen Nahrungsmengen zu gewöhnen, so verliert es die Fähigkeit zu erkennen, wann es satt ist, erst gar nicht und hat so ein geringeres Risiko für eine Essstörung. Das Eingehen auf die Bedürfnisse des Kindes und ein Erziehungsstil, der dem Kind seinem Alter und seinen Fähigkeiten entsprechend ein Mitspracherecht einräumt, zahlen sich langfristig wohl auch in Hinsicht auf seine Gesundheit aus.

Denise Both

Kyung E. Rhee, MDa, Julie C. Lumeng, MDb,c, Danielle P. Appugliese, MPHd, Niko Kaciroti, PhDc and Robert H. Bradley, PhDe: Parenting Styles and Overweight Status in First Grade. PEDIATRICS Vol. 117 No. 6 June 2006, pp. 2047-2054