Die EU empfiehlt sechs Monate Vollstillen und anschliessendes Weiterstillen zusammen mit Beikost bis zwei Jahre. In ihrem Bericht geht die EU auch auf die Zeit der Schwangerschaft und auf besondere Situationen ein.
Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass alle Kinder normalerweise – gleich wo und unter welchen Bedingungen sie leben – in den ersten sechs Monaten ausschliesslich gestillt und daran anschliessend zusammen mit ergänzender, altersgemässer Beikost weitergestillt werden sollten, bis sie mindestens zwei Jahre alt sind, ist lange bekannt. Dass diese Empfehlung tatsächlich nur von einer geringen Zahl von Mutter-Kind-Paaren umgesetzt wird, ist ebenso bekannt. Selbst die schwächer formulierte Empfehlung der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte (AAP), die ebenfalls eine sechsmonatige ausschliessliche Stillzeit des Kindes und daran anschliessend die Einführung der Beikost sowie das Weiterstillen bis mindestens zum ersten Geburtstag rät, wird für die meisten Säuglinge, insbesondere in der westlichen Welt, selten realisiert.
Stillen ist natürliche Ernährungsform
Ein oft gehörtes Argument, warum den beiden oben genannten Empfehlun-
gen nicht Folge geleistet wird, lautet: Die WHO-Empfehlungen gelten nur für die „Dritte Welt“ – was nicht stimmt, sie gelten weltweit – oder amerikanische Empfehlungen können ja nicht einfach auf europäische Verhältnisse übertragen werden. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass nun endlich das im Rahmen des Projektes EUNUNET (European Network for Public Health and Nutrition: Networking, Monitoring, Intervention and Training) entwickelte EU-Dokument „Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern – Empfehlungen für die Europäische Gemeinschaft“ veröffentlicht wurde. Dieses Dokument knüpft unmittelbar an den „EU-Aktionsplan zum Schutz, zur Förderung und Unterstützung des Stillens in Europa“ an und wurde von zahlreichen Fachgesellschaften und Berufsverbänden sowie von WABA und dem europäischen Büro der WHO angenommen und empfohlen.
Die Empfehlungen basieren auf einer Vielzahl von Forschungsarbeiten. Das Stillen wird als natürliche Ernährungsform für Babys und Kleinkinder betrachtet. Wörtlich wurde in den Empfehlungen ein Zitat aus den Empfehlungen der AAP übernommen: „Ausschliessliches Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten bildet die Grundlage für optimales Wachstum, optimale Entwicklung und Gesundheit. Auch nach dieser Zeit leistet das Stillen zusammen mit geeigneter Beikost einen wichtigen Beitrag zu Wachstum, Entwicklung und Gesundheit des Kindes.“
Stillen bis zum zweiten Geburtstag empfohlen
Und schlussendlich sind die EU-Empfehlungen deckungsgleich mit den altbekannten Empfehlungen der WHO: Sechs Monate ausschließliches Stillen, Einführung von altersgemässer Beikost ab dem siebten Monat, Stillen bis mindestens zum zweiten Geburtstag und danach, solange es Mutter und Kind gefällt.
Doch das Dokument begnügt sich nicht nur damit, pauschal das Stillen als optimal hinzustellen. Chronologisch gegliedert finden sich darin Empfehlungen bereits für die Zeit vor und während der Schwangerschaft, für die ersten sechs Lebensmonate und schliesslich für die Zeit danach. Spezielle Situationen wie Frühgeburt, Kinder mit geringem Geburtsgewicht oder Fälle, in denen das Stillen nicht anwendbar ist, werden gesondert behandelt. Zusätzlich finden sich Informationen über die Risiken der Entscheidung gegen das Stillen sowie zu sicheren Ernährungsalternativen. Alles in allem handelt es sich um ein wichtiges Dokument, das die Hoffnung auf eine zunehmend verbesserte und vor allem auch einheitlichere Stillförderung in Europa aufkommen lässt.
Denise Both