Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2008/05 Viel trinken ist wichtig – oder doch nicht?

„Sine aqua non est vita“ ist ein Spruch, den es bereits im Altertum gab. Sicher ist ohne Wasser kein Leben möglich, aber deshalb muss niemand im Übermass trinken – auch Stillende nicht.

Seit Jahren kann man überall lesen und hören: Es ist wichtig, viel und regelmässig zu trinken. Überall scheint das Schreckgespenst der Austrocknung zu lauern. Sportler, Kinder und auch stillenden Frauen wird angeraten, ständig eine Flasche Wasser oder ein anderes Getränk bereitstehen zu haben. Jeder Mensch solle mindestens zwei bis drei Liter täglich trinken und vor allem nicht erst dann trinken, wenn er Durst verspürt, sondern bereits vorher, denn wenn wir Durst verspüren, sei es bereits „zu spät“ und der Körper habe schon einen „Mangel“ erlitten.

Doch ist es tatsächlich so, dass der Körper eines gesunden Menschen nicht in der Lage ist, sein Flüssigkeitsbedürfnis selbst zu regulieren und durch auftretendes Durstgefühl zu signalisieren: „Jetzt brauche ich was“? Niemand käme auf die Idee einem ge-
sunden Menschen vorzuschreiben, dass er eine bestimmte Anzahl von Atemzügen pro Minute machen müsse und ihm, falls er diese vorgeschriebene Atemfrequenz nicht einhält, schlimme Folgen für die Gesundheit zu prophezeien. Hier wird ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die körpereigene Regulation funktioniert.

Körpereigene Regulation
Bis heute gibt es keine Studie, die mit harten Fakten belegen kann, dass es Vorteile für Gesundheit und Wohlbefinden bringt, wenn über den Durst hinaus getrunken wird. Eine übermässige Flüssigkeitszufuhr hilft weder bei der Entgiftung des Körpers noch gegen Falten oder Kopfschmerzen. Zu wenig trinken fördert weder Blasennoch Nierenkrebs. Die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes im Körper wird über die beiden Mechanismen Durst und Konzentration des Urins in der Niere gesteuert und es ist sinnvoll, dem eigenen Gefühl zu trauen und sich darauf zu verlassen, dass die körpereigenen Regulationsmechanismen hier ebenso funktionieren wie in anderen Bereichen auch. Wenn dem Körper Flüssigkeit fehlt, nehmen die Konzentrationen bestimmter Salze im Blut zu und das Blutvolumen ab. Der Körper reagiert darauf mit Durst. Reagiert der Mensch auf dieses Durstgefühl und trinkt ausreichend, erhält das Durstzentrum im Gehirn das Signal, dass der Flüssigkeitsmangel behoben ist und das Durstgefühl verschwindet. Probleme bei diesem Ablauf können bei bestimmten Erkrankungen und älteren Menschen bestehen.

Exzessives Trinken senkt Milchmenge
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Goldfarb* bestätigt nun, was einem der gesunde Menschenverstand schon immer sagt: Für gesunde Menschen ist es sinnvoll nach Durst zu trinken und allzu viel kann ungesund sein. Zwar ist die Gefahr einer echten „Wasservergiftung“ durch exzessives Trinken, bei der es zu einer Hyponatriämie (Natriummangel) bei einem Erwachsenen gering, doch gerade stillende Frauen können durch übermässiges Trinken mit einem Problem konfrontiert werden: Entgegen der leider immer noch häufig gehörten Empfehlung, macht viel trinken nämlich nicht viel Milch, sondern kann genau zum Gegenteil führen. Trinkt eine stillende Frau zu viel, kann das antidiuretische Hormon (ADH) ausser Kraft gesetzt werden, die Frau „schwemmt aus“ und die Milchmenge geht zurück.

Denise Both

Goldfarb, Negoianu: Just Add Water J Am Soc Nephrol. 2008; 19: 1041-1043