Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2014/02 Weniger ist mehr

Der präventive Verzicht der Mutter auf bestimmte Nahrungsmittel in Schwangerschaft und Stillzeit scheint kindlichen Allergien nicht vorzubeugen.

Neurodermitis, allergisches Asthma, Hausstaubmilbenallergie, Heuschnupfen – immer mehr Menschen leiden unter Allergien, auch immer mehr Kinder. Insbesondere Nahrungsmittelallergien sind auf dem Vormarsch. Aktuell leidet etwa ein Drittel aller Kinder in Europa unter einer Nahrungsmittelallergie, Tendenz weiter steigend. Allergien stellen eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität, nicht nur der Betroffenen selbst, sondern ihrer gesamten Familie dar und können im Extremfall lebensbedrohlich sein. Daher ist es nur zu verständlich, dass nach Möglichkeiten gesucht wird, die Entstehung von Allergien zu verhindern.

Auffällig ist, dass die Zunahme der von Allergien betroffenen Menschen keineswegs gleichmässig erfolgt. Es gibt deutliche Unterschiede je nach Lebensstil und Lebensraum. Grob vereinfacht lässt sich sagen, dass in Ländern mit «westlichem Lebensstil» deutlich mehr Allergien auftreten als in ländlichen Gegenden in weniger entwickelten Ländern. Eine abschliessende Erklärung für diese Beobachtung gibt es bislang nicht, lediglich die Theorie, dass durch eine Zunahme von «allergie-unterstützenden» Faktoren (wie übermässige Hygiene, zunehmende Schadstoffbelastung, veränderte Prägung des kindlichen Immunsystems) und eine Abnahme «allergie-vermindernder» Faktoren (zum Beispiel durch selteneres und kürzeres Stillen) der Entwicklung von Allergien Vorschub geleistet wird.

Seit vielen Jahren gibt es daher verschiedene Ansätze, was getan werden kann, um der Entstehung von Allergien entgegenzuwirken. Dazu gehörte lange Zeit die Empfehlung, Kinder im ersten Lebensjahr möglichst lange von als besonders allergen bekannten Lebensmitteln fernzuhalten. Das Vermeiden von Kuhmilch und Kuhmilchprodukten, Ei, Fisch, Nüssen usw. bis zum ersten Geburtstag hat jedoch nicht die gewünschte Wirkung gezeigt, sodass die Empfehlungen für die Einführung von Beikost inzwischen wieder revidiert wurden. Die Liste der «verbotenen Lebensmittel» ist deutlich kürzer geworden. Als viel entscheidender als das Hinauszögern der Einführung potentieller Nahrungsallergene hat sich die Einführung der Beikost «unter dem Schutz des Stillens» – also so lange noch gestillt wird – und damit eine Stillzeit von deutlich länger als sechs Monaten herausgestellt.

Eine ähnliche Strategie der Vermeidung wurde und wird teilweise noch immer auch als präventive Massnahme zur Verhinderung der Entstehung von Allergien für Schwangere empfohlen. Da Nüsse und auch Erdnüsse als Nahrungsmittel mit hohem Allergiepotential bekannt sind, wurde Schwangeren geraten, auf deren Genuss zu verzichten. Man erwartete – ähnlich wie bei der Empfehlung, potentielle Nahrungsallergene im ersten Lebensjahr zu meiden – auf diese Weise eine frühzeitige Sensibilisierung des Kindes zu umgehen. Eine prospektive Studie am Boston Children’s Hospital 1 weist jetzt jedoch darauf hin, dass genau der Gegenteil der Fall zu sein scheint.

Frazier und Kollegen untersuchten 8205 in der Zeit von Januar 1990 bis Dezember 1994 geborene Kinder, deren Mütter in einer vorangegangenen Studie hinsichtlich ihres Ernährungsverhaltens kurz vor, während und nach ihrer Schwangerschaft befragt worden waren. Bei 140 der insgesamt 308 mit einer Nahrungsmittelallergie diagnostizierten Kinder der Untersuchungsgruppe lag eine Allergie gegen Baumnüsse (Cashews, Haselnuss, Kastanien, Macadamia, Mandeln, Paranüsse, Pekannuss, Pistazien, Walnüsse) und/oder Erdnüsse vor.

Ein Abgleich mit den Ernährungsgewohnheiten der Mütter ergab, dass die Mütter der betroffenen Kinder während der Schwangerschaft jedoch seltener Nüsse beziehungsweise Erdnüsse gegessen hatten, als die Mütter von den Kindern, die keine Nussallergie entwickelt haben. In der Tat war es so, dass je seltener Mütter in der Schwangerschaft Nüsse verzehrt hatten, bei den Kindern umso häufiger Nussallergien auftraten. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Exposition mit Nuss-Antigenen bereits im Mutterleib eher einen Schutz als ein Risiko darstellt. Diese Beobachtung stützt daher die These, dass das Vermeiden von potentiellen Allergenen nicht zur gewünschten Verhinderung der Allergieentstehung führt. Um jedoch eine wirklich sichere Aussage darüber treffen zu können, ob Schwangeren – vorausgesetzt sie sind nicht selbst allergisch gegen Nüsse – empfohlen werden sollte, vermehrt Nüsse zu essen, sind allerdings noch weitere Untersuchungen notwendig.