Wenn eine Frau zum ersten Mal Mutter wird, macht sie sich meist schon während der Schwangerschaft Gedanken darüber, wie das Baby richtig gepflegt werden soll und was dazu nötig ist. Diese Fragen stellen sich Mütter heute genauso wie vor 50 Jahren – doch die Antworten haben sich geändert.
Früher wurden Müttern noch ganz andere Empfehlungen zum Umgang mit dem Säugling mit auf den Weg gegeben: Das Baby sollte beispielsweise möglichst gleich im eigenen Zimmer schlafen, damit es sich von Anfang an an die eigene Umgebung gewöhnt.
Damals und heute
Heute wissen wir: Es ist sicherer, wenn das Kind in den ersten Monaten (und Jahren) im Zimmer der Eltern schläft. Co-Sleeping, das gemeinsame Schlafen von Mutter und Säugling in unmittelbarer Nähe, wird zwar noch immer kontrovers diskutiert. Doch es gibt Studien, die gezeigt haben, dass es nach Ausschluss bestimmter Risikofaktoren sogar gut ist, wenn Mutter und Kind gemeinsam schlafen.
Der Kinderwagen wird heute häufig durch eine Traghilfe ersetzt, die die Beckenentwicklung des Babys unterstützt und ihm die Nähe und den Körperkontakt bietet, die ihm für seine gesunde seelische Entwicklung gut tut. Und galt es früher als wichtig, die Lunge des Kindes zu stärken, indem man es schreien liess, ist heute klar: Eltern sollten prompt und zuverlässig auf den Säugling und seine Bedürfnisse reagieren, denn die Angst, das Kind damit zu verwöhnen oder gar zu verziehen, ist unbegründet.
Diese veränderte Einstellung gegenüber dem Kind und dem «richtigen» Umgang mit ihm führt ganz von allein zu einem achtsameren Umgang, auch mit den körperlichen Bedürfnissen des Babys, im Alltag und bei der Pflege.
Weniger ist mehr
Ebenso wie eine auf Distanz zielende Erziehung, gehören Pudern, Cremen und tägliches Baden heute nicht mehr zum normalen Umgang mit Babys. «Weniger ist mehr» hat sich als die beste Hautpflege erwiesen, und Muttermilch oder altbewährte Hausmittel haben sich in vielen Fällen als wirksamer und sinnvoller gezeigt als Industrieprodukte. Diese können nämlich Formaldehyd, bedenkliche Duftstoffe und aggressive Tenside oder Emulgatoren enthalten. Die «Katzenwäsche» mit einem feuchten Waschlappen ist in der Regel völlig ausreichend und wenn das Wetter nicht zu heiss ist, genügt ein Vollbad in der Woche. Warmes Wasser und ein Tropfen Öl, mehr braucht es dazu nicht. Dafür kann das Baden zu einem einzigartigen Wellness-Erlebnis für Mutter und Kind werden, das Körper und Seele wohl tut. Die französische Kinderkrankenschwester Sonia Rochel hat dazu das «Thalasso Baby-Bad» entwickelt und das wunderschöne Video dazu sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen (siehe Infothek).
Böse Keime – gute Keime
Ein weiterer Bereich der Säuglingspflege, in dem ein Umdenken stattgefunden hat, ist die Einstellung gegenüber Keimen. Im Normalfall, also wenn das Kind grundsätzlich gesund ist und gut gedeiht, sind Sorgen hinsichtlich böser Keime überflüssig. Mutter Natur hat bereits ausreichend Schutzmassnahmen für unseren Nachwuchs eingeplant: Sowohl die «Käseschmiere», mit der das Neugeborene überzogen ist, als auch die Muttermilch enthalten infektionshemmende Stoffe, die die Ansiedlung krankmachender Erreger beim Säugling verhindern. Über die Nabelschnur erhält das Baby bereits vor der Geburt mütterliche Antikörper und die erste bakterielle Besiedlung des Kindes durch die (hoffentlich intakte) Mikroflora der Mutter, wie sie bei MutterKind-Paaren, die nach der Geburt nicht getrennt werden, geschieht, schützt vor krankmachenden Keimen. Somit ist der junge Mensch mit einem hervorragenden Schutzschild ausgestattet, von dem er monatelang profitieren wird. Die natürliche bakterielle Besiedlung von Haut,
Schleimhäuten und vor allem des Darmtrakts unserer Säuglinge verhindert die Ausbreitung aggressiver Keime. So geschützt ist der Kontakt mit Krankheitserregern sogar erwünscht, denn dadurch lernt das Immunsystem des Kindes ständig dazu. Man kann sich die natürliche Mikroflora wie einen Rasen vorstellen, der die Ausbreitung von Unkraut verhindern kann, wenn er dicht genug gesät ist. Und die Muttermilch ist der beste Dünger!
Nicht nur die Milch macht’s
Stillen ist Ernährung und zärtlicher Körperkontakt zugleich. Es ist jedoch nicht die einzige Art und Weise, Nähe zu spenden, die dem Wohlbefinden und der gesunden Entwicklung des kleinen Menschen dient. Schreibabys etwa brauchen oft anderen Trost. Und eine Mutter, die beim Stillen nicht mit dem Herz bei der Sache ist, kann ihrem Kind gewiss auch ohne die Brust liebevollen Körperkontakt schenken. Denn egal ob stillen, kuscheln, knuddeln, streicheln oder kitzeln – über Babys Haut gehen Impulse ins Gehirn, die den Vagusnerv aktivieren. Und dieser wiederum reguliert die Funktion der wichtigsten Körperorgane des Menschen. Darum empfiehlt Margot Sunderland in ihrem wunderbaren Buch «Die neue Elternschule»: «Eines der grössten Geschenke, das Sie Ihrem Kind machen können, ist, ihm zu helfen einen ausreichenden Vagotonus auszubilden. Ein guter Vagotonus hängt mit emotionaler Ausgeglichenheit, klarem Denken, besserer Aufmerksamkeit und einem effizienteren Immunsystem zusammen.»
Die Glückshormone, die ausgeschüttet werden, wenn das Kind Trost empfängt und seine Bedürfnisse befriedigt werden, wirken positiv auf die seelische und körperliche Entwicklung. Darum gehört dieser Bereich ebenso zur Säuglingspflege wie die Frage nach der richtigen Creme. Denn entgegen landläufiger Meinung und ellenlangen Listen in Babyratgebern braucht es nur sehr wenige Dinge, um ein Baby richtig zu pflegen: vor allem Wasser, ein paar Tücher und ganz viel Liebe.
Kristina Heindel
Muttermilch – mehr als nur ein Nahrungsmittel
Muttermilch beziehungsweise Frauenmilch, wird zur Therapie der folgenden Erkrankungen eingesetzt (in Klammer die jeweils wirksamen Bestandteile)
- Hartnäckige Durchfälle (Oligosaccharide)
- Säuglingsbotulismus
- Sepsis
- Hämorrhagische Bindehautentzündung
- Unterstützung der Heilung nach operativen Eingriffen (zum Beispiel Bauchwanddefekte, Darmverschluss, Darmfisteln)
- Immundefekte (IgA)
- Angeborene Stoffwechselstörungen
- Nach Organtransplantationen (auch bei Erwachsenen)
- Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie zum Beispiel Colitis ulcerosa, Reizdarm (TGF-ß2, Lactobacillus reuteri)
- Im Rahmen der Krebstherapie (HAMLET = Human Alpha-lactalbumin Made Lethal to Tumour cells), auch zur Linderung der Nebenwirkungen der Chemotherapie
- Lokale Therapie nach Verbrennungen (epidermaler Wachstumsfaktor) sowie bei Akne (Laurinsäure)
Zusätzlich kommt sie zum präventiven Einsatz bei:
- Nabelpflege
- Nekrotisierender Enterocolitis (bei Frühgeborenen)
- Morbus Crohn
- Allergien gegen Muttermilchersatzprodukte aus Kuhmilch oder auf Sojabasis • Während Therapien mit immunsuppressiven Medikamenten
Zusammengestellt von Denise Both