Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2008/03 Oma, Hort & Co

Gute Kinderbetreuung ist abhängig vom Betreuungsschlüssel, heisst es immer wieder. Je niedriger der liege, desto schlechter sei die Qualität der Betreuung. Dass dies nicht immer der Fall ist, erfuhren zwei Mütter, die begeistert vom Montessori-Kinderhaus in Siebnen (CH) berichteten.

Dort weiss man: Ist das Kind reif dafür, braucht es keine 1:1-Betreuung und mit dem richtigen Ansatz lässt sich auch mit „nur“ zwei Betreuerinnen erfolgreich eine ganzheitliche Lern- und Erfahrungsumgebung für eine grössere Gruppe Kinder schaffen.

 WirbelWind wollte wissen, wie das möglich ist, und interviewte Barbara Meadowcroft, die seit 1990 gemeinsam mit ihrer Kollegin Hildegard Arheit mit viel Engagement und Begeisterung das Kinderhaus leitet.

Wie viele Kinder betreuen Sie, und wie alt sind die Kinder?
Wir betreuen je nach Gruppenzusammensetzung 25 bis 30 Kinder im Alter von zirka zwei bis maximal sieben Jahren (Primarschuleintritt).

Welche Betreuungszeiten bieten Sie an?

Das Grundangebot ist fünf Mal die Woche von 7.30 bis 12 Uhr. Es können individuelle Nachmittage dazu gewählt werden, diese sind bestimmten Themen zugeordnet. Die Kinder essen mit uns zu Mittag, die Nachmittage dauern bis 16 Uhr.

Warum suchen Eltern Ihre Einrichtung aus, wenn sie ihre Kinder ausser Haus betreuen lassen möchten?

Die Beweggründe sind so unterschiedlich wie die Eltern selbst: Einige sind von der Montessori-Pädagogik überzeugt, andere suchen einen Ort, an dem ihre Kinder gut aufgehoben sind, während sie arbeiten; wieder andere sehen, dass die Kinder im Kinderhaus sehr viel lernen und möchten ihnen einen möglichst guten Schulstart ermöglichen.

Wenn man die Kinder fragen würde, wie es ihnen im Montessori-Haus gefällt, was würden sie wohl antworten?

Den allermeisten Kindern gefällt es im Kinderhaus sehr gut. Sie finden dort eine spannende Gruppe von Kindern, mit denen sie viele neue Erfahrungen machen können. Sie erleben eine interessante, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Lern- und Erfahrungsumgebung. Sie haben grosse Freiheiten, erfahren aber auch klare Grenzen. Sie bewegen sich jeden Tag auch draussen und verknüpfen auf diesem Weg Gelerntes mit ihrer direkten Umwelt.

Immer wieder liest man, dass die Qualität der Betreuung ausschlaggebend dafür ist, ob das Kind von der Fremdbetreuung profitiert oder nicht, und dass der Betreuungsschlüssel bei unter Dreijährigen eins zu drei, im besten Fall eins zu zwei betragen sollte. Wie schaffen Sie es, zu zweit so viele Kinder gleichzeitig zu betreuen?
Ich bin damit einverstanden, dass Qualität eine zentrale Rolle spielt, diese hat aber nichts mit Quantität zu tun. Meiner Ansicht nach ist ein Betreuer-Kind-Schlüssel von eins zu zwei eine absolute Überbetreuung, ausser in einer Krippe, wo viele Säuglinge betreut werden. Wo bleibt da noch Raum für das Kind, um sich selbständig, in gewisser Freiheit und gemäss seinen eigenen Bedürfnissen entwickeln zu dürfen?

Wo liegt der Vorteil des Montessori-Hauses gegenüber einer „normalen“ Krippe/Kindertagesstätte?

Ich sehe die Vorteile darin, dass die Kinder sehr selbständig werden. Sie übernehmen von Anfang an die Verantwortung für ihr Handeln. Sie lernen sich in einer altersdurchmischten grossen Gruppe zu bewegen und üben so Rücksichtnahme, Toleranz, eine positive Streitkultur und soziales Verhalten. Sie stärken ihr Selbstwertgefühl, indem sie Kleineren schon viel zeigen und helfen können. Sie vertiefen so ihr eigenes Wissen und lernen voneinander.

Wie sieht für Sie die „ideale“ Fremdbetreuung eines Kindes aus, das jünger ist als drei Jahre?

Das kommt sehr auf das einzelne Kind an. Es gibt Kinder, die mit zwei Jahren durchaus bereit sind, in eine grössere Gruppe zu gehen. Andere brauchen noch einen ganz kleinen und familiären Rahmen. Ich glaube, es gibt da kein allgemein gültiges Rezept.

Gibt es ein bestimmtes Alter, ab dem jedes Kind regelmässig stundenweise ausserhalb seines Zuhauses betreut werden sollte, um zum Beispiel durch die Sozialisation mit anderen Kindern zu profitieren?
Auch da gibt es kein allgemein gültiges Rezept. Es kommt sehr auf das Umfeld des Kindes an: Lebt es in einer kinderreichen Familie oder einem Quartier mit vielen Kindern, die sich regelmässig draussen zum Spielen treffen, ist die Situation anders als bei einem Einzelkind, das in einer kinderarmen Umgebung aufwächst.

Gibt es Kinder, die tatsächlich eine intensivere Betreuung beziehungsweise viel mehr Aufmerksamkeit benötigen und die zum Beispiel besser bei einer Tagesmutter untergebracht werden sollten? Nehmen Sie zuweilen Kinder aus diesem Grund nicht auf?

Ja, das gibt es und ja, das ist für uns ein Grund, ein Kind nicht in unser Kinderhaus aufzunehmen. Es ist uns sehr wichtig, dass wir überzeugt sind, für jedes Kind in unserer Gruppe der richtige Ort zu sein. Wir tragen häufig auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen in unserer Gruppe mit. Wir stehen dann in engem Kontakt mit seinen Therapeuten und definieren immer wieder gemeinsam, auch mit den Eltern, ob wir den Bedürfnissen des Kindes entgegenkommen können oder ob ein anderes Lernumfeld angezeigt wäre.

Was passiert, wenn eine von Ihnen krank wird?

Zum Glück sind wir sehr selten krank. Passiert es trotzdem mal und ist es nur für kurze Zeit, so übernimmt einfach die gesunde Betreuerin und passt dann den Tagesablauf den Umständen an. Ist jemand für längere Zeit krank, so sorgen wir für eine Vertretung.

Mit Barbara Meadowcroft sprach Kristina Heindel