Ein Baby, das spät oder nur wenig isst, braucht weder Ablenkung noch Essenszwang, sondern ein gutes Angebot, aus dem es seine feste Nahrung auswählen kann. Ob und wie viel es davon essen möchte, liegt in der Kompetenz des Babys.
Wenn Simona ihren Brei kriegt, dann sitzt Papa daneben und leert Wasser aus einem Krug ins Glas und aus dem Glas zurück in den Krug. Und das so lange, bis die Mahlzeit beendet ist. Simona schaut fasziniert zu und öffnet willig ihr Mündchen, in das Mama den Brei Löffel um Löffel schiebt. Am Schluss ist Simona satt – aber vom Essen hat sie nicht allzu viel mitbekommen. Soll sie auch nicht, denn sonst hat sie keine Lust zu essen.
Ablenken missachtet den Instinkt des Babys
Ablenken, das ist eine der Strategien, mit denen Eltern ihre kleinen Spät- und Wenigesser zu überlisten versuchen und die nicht den Instinkt des Kindes achten und fördern, sondern einzig darauf aus sind, dem Kind etwas feste Kost zu verabreichen. Aus lauter Sorge, die kleine Tochter oder der kleine Sohn könnten sonst Schaden nehmen.
Andere unzulängliche Strategien sind Schokolade und andere Süssigkeiten als (einzige) feste Kost, mit dem Löffel Flugzeug spielen, das Kind fürs Essen mit Zuneigung belohnen, aber auch schimpfen, strafen und hungern lassen. Essen wird dabei mit anderen Gefühlen und Erziehungszielen verknüpft, und das kleine Kind lernt nicht, ein natürliches Verhältnis zu seinem Hunger und seiner Sättigung zu entwickeln.
Iss – oder lass es bleiben!
Es gibt eine Strategie, die ziemlich gut funktioniert: Eltern machen regelmässig ein ausgewogenes Angebot, das Kind wählt daraus aus, was es essen möchte. Das kann auch nichts oder nur ganz wenig sein. Vor allem wenn sich Eltern und Baby schon längere Zeit wegen der Essensmenge in den Haaren liegen, kann diese Strategie die Situation entspannen. Essen ist kein Thema mehr, die Eltern locken nicht und schimpfen nicht. Wenn das Kind essen möchte, dann darf es sich gerne bedienen, wenn nicht, ist das auch in Ordnung. Das Baby wird weiterhin gestillt und bekommt so die Nährstoffe, die es zum Leben braucht. Kein gesundes Kind nimmt Schaden, wenn seine Ernährung mal für einige Wochen nicht ganz optimal ist.
Eltern dürfen auf die Vorlieben ihres Kindes eingehen
Wichtig ist das Angebot: Süssigkeiten als Lockstoffe sind verboten, doch ein bisschen dürfen die Eltern schon auf die Vorlieben eingehen. Es gibt nicht wenige Babys, die keinen Brei mögen. Sie wollen das essen, was die anderen am Familientisch geniessen. Oder zumindest etwas zu knabbern. Es spricht nichts dagegen, dem kleinen Liebling eine Reiswaffel in die Hand zu drücken, anstatt einen Reisflockenbrei zuzubereiten. Ein Stückchen gekochte Karotte, mit etwas Rapsöl übergossen, ist dem Karottenbrei gleichwertig. Und mit acht Monaten darf auch an Brot geknabbert und mal eine Nudel vom Essen der „Grossen“ probiert werden.
Gabi Eugster