Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2014/02 Zur Ruhe kommen
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Eines der häufigsten Themen jeder Stillgruppe ist der Babyschlaf, der sich oft nicht mit den Vorstellungen und Wünschen der Eltern deckt. Mütter suchen nach Lösungen, weil das Kind nicht gut in den Schlaf findet, häufig aufwacht, viel weint und sich nur mit Körperkontakt oder Stillen eine Zeit lang ruhig stellen lässt. Wohin mit diesen Anforderungen?

Zur Ruhe kommen

Durchwachte Nächte und Schreiphasen bringen Mütter wie Väter früher oder später an ihre Belastungsgrenzen. Was erleben diese Eltern?
Das Bestreben von Eltern, beim unruhigen Kind zu sein und empathisch zu erahnen, was es braucht, ist naheliegend. Kann das Baby beruhigt werden, ist das wunderbar! Gelingt dies nicht, kommen nicht Mutter oder Vater als ganze Person an ihre Grenzen, sondern eine Seite von ihnen. Diese erschöpfte oder auch wütende Seite ist in Not und erlebt die Situation mit dem eigenen Kind aus einer Perspektive, in der sie sich überfordert und bedrängt fühlt. Zur gleichen Zeit gibt es ja auch noch eine andere Seite, die liebevoll sein möchte. Diese erlebt sich als Opfer von der wütenden Seite, weil sie ja genau weiss, wie sie sich verhalten könnte, nämlich verständnisvoll, geduldig und empathisch.
Die gestresste Seite meldet sich gerade deshalb so laut, weil die engagierte Mutter  ihre Grenzen zuvor nicht mehr geachtet oder wahrgenommen hat. Das Funktionieren im Alltag mit einem Baby verlangt plötzlich die Erfüllung so vieler Aufgaben gleichzeitig. Der irrtümlich meist anerzogene Anspruch, diese auch erledigen zu müssen, bindet die gesamte Aufmerksamkeit weg von den menschlichen Möglichkeiten des eigenen Körpers. Der Körper meldet sich dann unwillkürlich mit einem unerwarteten Adrenalinstoss, zur eigenen Überraschung und auch der des Kindes. 

Wie können Eltern dieser Überforderung begegnen, ohne sie auf das Kind abzuwälzen?
Die Überforderung ist das Resultat einer Kampfsituation im Innern der Eltern. Es besteht eine Schieflage zugunsten des inneren Antreibers, der zu wissen meint, was eine ideale Mutter ist, zum Nachteil des Körpers, der deutlich durch Müdigkeit, Kopfschmerzen und steife Glieder zeigt: «Es geht nicht mehr.» Eltern, meist die Mutter, verbieten sich viel zu lange, auf die Sprache des Körpers zu hören, weil die inneren Ansprüche von ihr diktatorisch verlangen, sich dem Bild der idealen Mutter anzunähern, von der sie sich weit entfernt sieht. Es braucht nämlich Mediationsfähigkeiten, um zwischen Antreiber und den natürlichen Begrenzungen eines Körpers zu verhandeln. Eltern sollen demütig anerkennen, dass sie in einem Körper leben, der ausreichend Schlaf und Ruhepausen benötigt und rechtzeitig mutig um Hilfe bitten. 

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Bild: Familie Dicke

Wie könnte die ideale Hilfe aus Ihrer Sicht aussehen?
Ideal wäre, eine Ruhepause einzulegen, eine Grossmutter, die beruhigt, eine Massage zum Wohlfühlen, eine Nachbarin, die zum Mittagessen einlädt, am besten ein «ganzes Dorf», das die Eltern unterstützt. Und dann braucht es eine Mutter, die sich auch erlaubt, Hilfe anzunehmen. Das ist häufig ein Lernprozess und gelingt nicht auf Anhieb!

Wie können Eltern einen gelassenen Umgang mit dem Schlafverhalten ihres Kindes entwickeln?
Das Baby, das sich nicht beruhigen lässt, braucht präsente Eltern, die sich selber spüren können. Die Aufmerksamkeit der Eltern sollte sich daher in den eigenen Körper hineinziehen, um z.B. den eigenen Atem zu beobachten: «Wie spricht mein Körper, wo ist meine eigene Anspannung, in der Brust, in der Kehle oder im Bauch?» Langsam ausatmen – doppelt so lang wie einatmen – und sich selber beruhigen mit folgenden Worten: «Ich liebe und achte mich, tief und vollständig, auch wenn mein Baby weint und auch dann liebe ich mich, wenn es sich nicht beruhigen lässt.

Ich bin die beste Mutter/Vater für dieses Kind, auch wenn 100 Millionen Eltern ihre Kinder beruhigen können. Ich liebe mein Kind, auch wenn es nicht schläft und wir nicht gemeinsam herausfinden, was es beruhigt!»
Diese Übung kann vertiefend beruhigen, wenn die Eltern dabei ihre Akupunkturpunkte beklopfen, wie sie die Emotionale Freiheitstechnik (EFT) anbietet. Und vielleicht braucht es die Selbstbestätigung mit den folgenden Worten: «Ich liebe und achte mich, auch wenn ich mein Kind gerade nicht liebe, sondern im Gegenteil, den Impuls in mir spüre, es an die Wand werfen zu wollen. Ich respektiere mich sehr dafür, dass ich die Kraft habe, diesem Impuls nicht nachzugeben. Ich liebe und achte mich gerade in dem Moment, wo Scham in mir aufsteigt, dass ich so denke, wie ich nicht denken möchte.» Eltern, die sich ganz sich selbst zuwenden können, können sich sammeln und die Ereignisse akzeptieren, wie auch immer sie sich zeigen. Damit versetzen sie sich in die Lage, sich selber wieder um die Bedürfnisse ihres Kindes zu kümmern. Zur EFT gibt es viel Literatur und auch Kurse oder Einzelberatung. Am besten danach googeln, was in der Nähe angeboten wird.

Die meisten Eltern stolpern früher oder später über Bücher zu Schlaftrainings. Worin liegen für Sie die Gefahren einer Umsetzung solcher Tipps?
Ratgeber stärken die Erwartung, es muss einen Weg geben wie «es richtig» geht. Lässt sich das Kind nicht beruhigen mit den angebotenen auch hilfreichen Methoden, dann besteht die Gefahr, dass Eltern in die Selbstabwertung gehen, sie seien zu blöd und schlechte Eltern. Dies fördert eine Abwärtsspirale steigender Anspannung, sich noch mehr anzustrengen und irgendwann zu resignieren. Weil in den Büchern die Lösung steht, verlieren Eltern den Kontakt zu ihrer inneren Weisheit, die vielleicht das Gegenteil von dem empfiehlt, was in den Büchern steht. Dabei entsteht Verunsicherung, die das Baby wahrnimmt und mit noch mehr Unruhe beantwortet. Das Baby hat nicht die Fähigkeit, beunruhigte Eltern zu trösten. 
Eltern wollen es von Anfang an richtig machen, doch wenn sich die Vorstellungen nicht mit der tatsächlichen Situation decken, kommt die Verunsicherung. Was mache ich nur falsch?

Gibt es Mittel gegen diese Selbstzweifel? 
Selbstzweifel kommen besonders bei Menschen vor, die als Kinder wenig Bestätigung und Anerkennung erfahren haben und die für selbstverständliche Fehler, die passieren, bestraft wurden. Aus diesem Grund braucht es neuen Mut zur eigenen Unvollkommenheit. Vertiefend ist es möglich, sich am Tag zurückzuziehen und den eigenen Körper zu beobachten: Wo fühle ich meine Zweifel, wie stark empfinde ich diese Zweifel? Dieses Gefühl wahrnehmen und mit ihm sein.
Wenn Mutter oder Vater sich jetzt daran erinnern, wie sie oder er als kleines Kind lebten, taucht meist eine Szene der eigenen Kindheit auf, in der sie als Kind einen starken erwachsenen Menschen gebraucht hätten, der sie bestätigt. Es ist möglich, sich in der inneren Vorstellung selber diesen Trost zu geben und das eigene Kind, welches früher lebte, zu ermutigen und ihm zu helfen. Im Gehirn gibt es nur die Vergangenheit, die im Jetzt erlebt wird. Oftmals wird dieser verspätete Trost im Körper als Erleichterung erlebt und bringt Kraft und Zuversicht in das jetzige Leben.  

Welche Ermutigung für junge Eltern, die mit Ratschlägen und Meinungen regelrecht bombardiert werden, könnte helfen, den Kontakt zur Intuition nicht zu verlieren?
Hier möchte ich mit einem wunderschönen Zitat von Jesper Juul schliessen: «Es gibt keine perfekten Eltern, nicht mal annähernd perfekte Eltern!» Und Kinder brauchen das auch nicht. Sie brauchen authentische Eltern, die vor allem auf ihr Herz hören.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mit Britta Hahn sprach Michaela Kyllönen

Britta Hahn ist Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapeutin, Autorin, Mutter von vier Kindern und vertraut mit Gewaltfreier Kommunikation. 

Unter www.echtnett.de finden sich Infos zu ihren Elternkursen und ihren Büchern «Mama, was schreist du so laut» und «Ich will anders als du willst, Mama».