Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2005/03 Neurodermitis
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Neurodermitis hat viele Gesichter. Eines davon ist, dass zwei Menschen, die sich beim Stillen kennen und lieben lernen sollen, sich wegen einer extrem trockenen und schmerzhaft empfindlichen Haut nicht zueinander trauen. Ein anderes, dass bei einer Lebensmittelallergie Essen zum Hindernislauf wird.

 Atopische Erkrankungen werden in den letzten Jahrzehnten zunehmend diagnostiziert. Das sind Erkrankungen, bei denen das Immunsystem in unterschiedlicher Art das Krankheitsgeschehen unterhält. Zu den Atopien zählen neben Neurodermitis noch Asthma bronchiale und die typischen Allergien. Die Bereitschaft dazu wird ererbt, für einen Ausbruch der Krankheit braucht es allerdings noch zusätzliche Auslöser. Diese Zunahme weist auf eine höhere Aufmerksamkeit der Ärzte für diese Krankheitsgruppe hin und auf eine bessere Aufklärung, aber auch auf eine tatsächliche Zunahme an atopischen Erkrankungen – als Antwort auf unseren Lebensstil und die tief greifenden Veränderungen, die wir unserer Umwelt zufügen. Die Art, wie wir unsere Beziehungen gestalten und mit unseren Gefühlen umgehen, wirkt sich auf den Körper aus: Organe – bei Neurodermitis die Haut – beginnen zu sprechen, wenn das Talent ererbt wurde.

Jucken schmerzt
Die Krankheitszeichen spielen sich bei Neurodermitis auf und in der Haut ab. Dabei können falsche Signale des Immunsystems zu Überreaktionen an der Haut führen. Immunzellen im Darm scheinen spät zu reifen, was das Zusammenspiel in der Immunantwort verwirrt. Daher die enge Verbindung von Neurodermitis mit Lebensmittelallergien. Mindestens sechs Monate ausschliessliches Stillen und anschliessender langsamer, allergenarmer Kostaufbau mit Begleitstillen kann einen Krankheitsausbruch beim Kind verzögern oder verhindern.
Juckreiz und zerkratzte, entzündete Hautgebiete laden nicht zum Kuscheln ein. Das Leiden am Körper kann sich als Belastung in der psychischen und sozialen Entwicklung niederschlagen. Ausgelöst wird der Juckreiz an überempfindlichen freien Nervenenden des schmerzleitenden Systems, die durch etliche verschiedene Gewebshormone von Immun- oder Gewebezellen erregt werden. Ein kuscheliger Pullover wird beissen, Schwitzen reizt die Haut, Wärme macht die Nerven unruhig.

Deutungen und Therapien
Die Schulmedizin bietet auf körperlicher Ebene lindernde Medikamente zur Hautpflege und zur Dämpfung des Juckreizes an. Allergiediagnostik wird durchgeführt, auch wenn die Ergebnisse keine sicheren Rückschlüsse auf die Erkrankung oder den Verlauf der Neurodermitis zulassen. Allergene wirken bei sensibilisierten Menschen zumindest wie Stressoren.

Der Blick für den ganzen Menschen ist wichtig
Der Blick für den ganzen Menschen ist wichtig, damit nicht isoliert irgendwelche Flecken geschmiert und gesalbt werden. Der Umgang mit dem eigenen Körper, die Präsentation der Persönlichkeit nach aussen und wie über Gefühle gesprochen wird, sind Themen. Dabei helfen ergänzende Angebote aus der alternativen Medizin und sind stimmig, wenn sie zum Wurzelproblem des Patienten passen. Aspekte zum Ausgleich von Gegensätzen kann die Traditionelle Chinesische Medizin beleuchten, die Beziehungsebene wird durch die anthroposophische Medizin und mit Bioresonanzverfahren angesprochen. Manchmal lindern Antihistaminika, auch Akupunktur oder Kälte können die aufgedrehten Nerven beruhigen. Homöopathische Präparate versuchen das Signal Jucken wieder in die Signalkette der Hautregulation zu integrieren. Meistens wird die Verhaltenstherapie bemüht und dem Leidenden knapp das Kratzen verboten. Mütter sollen ihr Kind ablenken – aber wie? In der Osteopathie spezialisieren sich Kollegen, um Neurodermitiskranken beistehen zu können.

Das Ziel führt zum Weg
Inzwischen gibt es viele Angebote für Neurodermitiskranke aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Philosophien. Auswählen und Werten ist schwierig. In einer Selbsthilfegruppe können Erfahrungen und Informationen ausgetauscht werden. Die Deutung dessen, was Neurodermitis bedeutet, ist je nach philosophischer Richtung eine andere. Auf der Beziehungsebene spielen Stressverarbeitung und Konfliktverhalten eine grosse Rolle. Abgrenzung, aber auch Bindungsfähigkeit, haben im Leben mit Neurodermitis eine eigene Bedeutung. Wobei die Erfahrungen nicht von einem Mensch zum anderen übertragbar sind. Adresse und Kontakte zu Selbsthilfegruppen finden Sie auf Seite 23.

Der Patient bestimmt das Ziel der Behandlung
Als Ärztin kombiniere ich Strategien, die die Symptome lindern mit solchen, die eher ursächlich ansetzen. Das heisst, dass ich die Ebene, die der Leidende als „Wurzelproblem“ betrachtet, im Vordergrund lasse, ohne die übrigen Dimensionen der Krankheit zu übersehen. Die Therapie richtet sich danach, wie sehr der Patient unter den Symptomen leidet und wie aktiv die Krankheit gerade ist. Dabei bestimmt der Patient das Ziel der Behandlung, weil er mit seiner Haut leben muss.
Neurodermitis zeigt sich bei jedem Erkrankten und in den verschiedenen Lebensaltern unterschiedlich. Auch der Wechsel zu den anderen Formen des atopischen Kreises, zu dem Heuschnupfen, Lebensmittelallergie und Asthma gehören, ist möglicher Teil des Krankheitsbildes.

Bis zum 2. Lebensjahr zeigt sich das Säuglingsekzem, bei dem die Haut an den Wangen und die Kopfhaut dunkelrot verfärbt und nässend sind, später trocknen die Stellen ab und bilden einen Schorf, der wie verbrannte Milch aussieht. Daher auch der Name Milchschorf.

Das typische Erscheinungsbild der Neurodermitis ist bei Kindern zwischen dem 3. und 18. Lebensjahr zu sehen: durch das Aufkratzen und durch häufige Entzündungen, verdickte und vergröberte Hautstruktur, vor allem in den Ellenbeugen und in den Kniekehlen. Quälend ist der Juckreiz, die Belas-tung kann enorm sein. Schlafmangel und Konzentrationsstörungen beeinträchtigen die Kinder in der Schule und erschweren das Familienleben. Manchmal verschwindet die Krankheit in der Pubertät von selbst oder reduziert sich auf wenige Herde. Selten bleibt eine lebenslange Belastung bestehen.

Auch Erwachsene können erstmalig an Neurodermitis erkranken, dann sind vor allem Hände, Ohren, Hals und Gesichtshaut von knotigen, einzeln stehenden Herd-en betroffen. Jede Veränderung im Hormonhaushalt oder Stress durch eine Lebensumstellung können die Symptome positiv oder negativ beeinflussen. Das gilt auch in der Schwangerschaft oder nach der Geburt. Wenn die Talgdrüsen rund um die Brustwarze zu wenig Talg absondern, ist die empfindliche Haut der Warzenvorhöfe von Neurodermitisherden befallen – und wunde Brustwarzen können die Stillzeit zu einer extrem schmerzhaften Erfahrung werden lassen.

Brigitte Humer-Tischler